Einleitung
Mit der Artikelnummer 58507 hat Roco 2022 eine H0-Ausführung der Baureihe 232 vorgestellt – besser bekannt als „Ludmilla“. Das Modell erschien in einer AC-Version mit Henning-Sound, PluX16-Schnittstelle und LED-Beleuchtung. Mit einem Preis um 200 Euro inklusive Sound positioniert es sich als attraktives „gehobenes Einsteigermodell“.
Die Grundlage dieser Besprechung bildet die ausführliche Video-Review von JohnsMoba (April 2022), ergänzt um technische und historische Einordnungen.
Historischer Hintergrund – die Baureihe 132/232
Die Baureihe 132 der Deutschen Reichsbahn (ab 1992 bei DB AG als 232) entstand in einer politisch wie technisch besonderen Situation.
- Entwicklung: Ab 1970 durch das Lokomotivwerk Luhansk (damals UdSSR, heute Ukraine) gefertigt.
- Grund: Nach dem Zweiten Weltkrieg fehlten der DDR die Kapazitäten für starke Neubau-Dieselloks. Im Rahmen des RGW wurde daher entschieden, Großdiesel in der Sowjetunion zu bauen.
- Technik: Sechachsige Co’Co’-Maschinen, elektrischer Antrieb mit Generator und sechs Fahrmotoren.
- Motor: Kolomna-12-Zylinder-Viertakt-Diesel, 3 000 PS Leistung.
- Bauzeit: 1970–1982, fast 900 Exemplare.
- Baureihenentwicklung:
- BR 130 (ohne Zugheizung)
- BR 131 (langsamere Güterzugversion)
- BR 132 (ab 1973 mit elektrischer Zugheizung) → später 232 bei der DB.
- Einsatz: Universallok für Schnellzüge, schwere Güterzüge und Übergaben.
- Bedeutung: Die meistgebaute und wichtigste Großdieselbaureihe der DR; Symbol der DDR-Traktion.
Die hier von Roco dargestellte Lokomotive 232 536-3 wurde 1977 gebaut, kam 1994 zur DB AG, trug dort das „Lätzchen“ und das DB-Logo und war Mitte der 1990er in diesem Zustand im Einsatz.
Technische Daten (Vorbild BR 232)
Merkmal | Wert |
---|---|
Bauart | Co’Co’, sechs Fahrmotoren |
Leistung | 2 200 kW (3 000 PS) |
Dienstgewicht | ca. 116 t |
Höchstgeschwindigkeit | 120 km/h |
Motor | Kolomna 12 Zylinder, 4-Takt |
Baujahre | 1970–1982 |
Anzahl gebaut | 873 Stück |
Hersteller | Lokomotivwerk Luhansk (Ukraine) |
Einsatz | Schnellzüge, Güterzüge, Rangierdienste |
Besonderheit | elektrische Zugheizung, universeller Einsatz |
Modell Roco 58507
Verpackung & Ersteindruck
- Klassische Roco-Kartonage mit Schaumstoffeinlage.
- Viele Zurüstteile (Griffstangen, Leitern, Kupplungen) liegen bei – nahezu ein halber Bausatz.
- Gehäuse aus Kunststoff, massiver Metallrahmen innen.
- Gewicht: ca. 500 g.
Optik & Detaillierung
- Bedruckung scharf, DB-Logo und Lätzchen korrekt im Zustand Mitte der 1990er.
- Führerstand farblich gestaltet, jedoch nicht auf höchstem Niveau.
- Schwächen:
- Fensterrahmen stehen sichtbar hervor, wirken billig.
- Griffstangen müssen alle nachgerüstet werden.
- Wischer nur aufgedruckt, kaum erkennbar.
- Pluspunkte: durchbrochene Lüfter, detaillierte Dachaufbauten, feine Bedruckung an den Seiten.
Technik & Innenleben
- Antrieb auf vier Achsen (AC-Version spart Zahnräder gegenüber DC-Version).
- Zwei Haftreifen, Motor mit Schwungmasse, Kardanantrieb.
- LED-Lichtwechsel weiß/rot, über Lichtleiter.
- Sounddecoder mit Henning-Sound, Lautsprecher jedoch sehr klein („Zuckerwürfel“).
- Zugang zur Technik einfach, Wartung anfängerfreundlich.
Fahreigenschaften
- Sehr ruhiger Lauf, sanfte Beschleunigungs- und Bremsrampe ab Werk.
- Zugkraft gut, vier Haftreifen gleichen die reduzierten Antriebsachsen aus.
- Problem: mechanisches Geräusch im Getriebe, auch nach Einfahrzeit hörbar.
- Sound: Henning-Sound hervorragend abgemischt, aber durch schwachen Lautsprecher dumpf und leise.
Funktionen (F0–F21, Auswahl)
- F0: Lichtwechsel weiß/rot, Rangierlicht schaltbar.
- F1: Motor an/aus, realistisch abgestuft.
- F2/F13: verschiedene Hornsignale.
- F6: Rangierlicht (beidseitig weiß).
- F8/F9: Lichtabschaltung fahrtrichtungsabhängig.
- F10: Türen schließen.
- F11/F12: An-/Abkuppeln.
- F15: Sicherheitsventil.
- F16: Bahnhofsansage.
- F17: Weichenrattern.
- F18: Fahrtenschreiber.
- F21: Anfahr-/Bremsverzögerung abschaltbar.
Die Soundausstattung ist umfangreich und übertrifft das Übliche in dieser Preisklasse – leidet jedoch unter dem Lautsprecher.
Bewertung
Stärken
- Vorbildgerecht umgesetzt (korrekte Epoche-IV/V-Ausführung).
- Umfangreicher Henning-Sound bereits ab Werk.
- Gute Fahreigenschaften, stabile Traktion.
- Preis-Leistungs-Verhältnis: sehr attraktiv (Soundmodell um 200 €).
Schwächen
- Kunststoffgehäuse mit sichtbaren Fertigungsmängeln (Fenster, Griffstangen).
- AC-Version nur mit vier angetriebenen Achsen.
- Deutlich hörbares Getriebegeräusch.
- Lautsprecher zu klein, schwacher Klang.
Sammlerperspektive
- Vorbildbezug: BR 232 ist Kultlok der DR, stark mit DDR-Geschichte verbunden.
- Epochewahl: Zustand Mitte der 1990er unter DB AG sehr gut getroffen.
- Marktwert: Neupreis ca. 200 €, gebraucht voraussichtlich stabil, da Henning-Sound-Variante gesucht ist.
- Sammler vs. Anlagenfahrer:
- Sammler bevorzugen ggf. hochwertigere Modelle mit Metallaufbau.
- Anlagenfahrer erhalten für wenig Geld eine zuverlässige Soundlok mit Charakter.
Fazit
Die Roco 58507 Ludmilla ist ein Modell mit Licht und Schatten. Sie bietet beeindruckend viel Ausstattung für ihren Preis, leidet aber an Detailschwächen (Fenster, fehlende Griffstangen) und einem schwachen Lautsprecher. Für den praktischen Betrieb überzeugt sie durch gute Fahreigenschaften, wenn man das Getriebegeräusch akzeptiert.
- Für den Sammler: solides Ergänzungsmodell, aber nicht die feinste Ausführung der 232.
- Für den Anlagenbetrieb: sehr empfehlenswert, wenn man eine günstige Soundlok sucht.
- Preis-Leistung: schwer zu schlagen im Sound-Segment um 200 €.
Quellenhinweis
- Video-Review von JohnsMoba (April 2022): „Roco 58507 – Diesel locomotive BR 232, DB AG“.
- Historische Einordnung: Angaben zur BR 132/232 (Entwicklung in Luhansk, Bau 1970–82, Einsatz DR/DB) gemäß Fachliteratur und einschlägigen Datenbanken.