Einleitung
Zum 175-jährigen Jubiläum der Dänischen Staatsbahnen (DSB) präsentierte Märklin 2022 ein außergewöhnliches Sondermodell: die Schnellzugdampflokomotive Litra E 991. Dieses Fahrzeug ist nicht nur die stärkste Dampflok der DSB, sondern auch ein Stück dänischer Eisenbahnkultur. Im Volksmund wird sie gerne als „Black Beauty“ bezeichnet. Das Modell (Art.-Nr. 39491) erschien als H0-Digitalausführung mit umfangreicher Funktionsausstattung und einem Listenpreis von 629 €.
Die Grundlage dieser Besprechung bildet die ausführliche Video-Review von JohnsMoba (April 2022), ergänzt durch technische und historische Einordnungen.
Historischer Hintergrund – die Litra E in Dänemark
Die dänische Litra E geht auf eine schwedische Konstruktion zurück. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg beschaffte die Statens Järnvägar (SJ) die Pacific-Bauart (2’C1’, international „4-6-2“) für den Schnellzugdienst. Zwischen 1914 und 1917 wurden elf Lokomotiven gebaut, die sich durch elegante Linienführung und hohe Leistung auszeichneten.
- Konstruktion: Vierzylinder-Verbundlokomotive mit Heißdampf und von Roll-Vauclain-Anordnung (zwei Hoch- und zwei Niederdruckzylinder).
- Leistung: ca. 1 800 PS, Höchstgeschwindigkeit um 120 km/h.
- Einsatz: ursprünglich Schweden, ab den 1930er-Jahren von der DSB übernommen.
In Dänemark entstanden zusätzlich 25 Neubauten (1940er-Jahre), sodass insgesamt 36 Maschinen im Einsatz waren. Die E 991 wurde 1947 gebaut und gilt heute als eine der wichtigsten Museumsloks des Landes.
Berühmt wurde die Baureihe nicht nur im planmäßigen Schnellzugdienst, sondern auch durch besondere Einsätze – so führte sie u. a. den Staatszug bei königlichen Trauerfeierlichkeiten nach Roskilde.
Technische Daten (Vorbild Litra E)
Merkmal | Wert |
---|---|
Bauart | 2’C1’ (Pacific) |
Zylinder | 4 (Verbund, Vauclain-Anordnung) |
Leistung | ca. 1 800 PS |
Höchstgeschwindigkeit | 120 km/h |
Dienstgewicht | ca. 115 t |
Hersteller | Nydqvist & Holm (Schweden) / Frichs (Dänemark) |
Baujahre | 1914–1917 (Schweden), 1940er (Dänemark) |
Einsatz | DSB-Schnellzüge, u. a. Kopenhagen – Aarhus/Ålborg |
Besonderheit | stärkste Dampflok der DSB, „Black Beauty“ |
Märklin-Modell 39491
Konstruktion & Detaillierung
- Komplette Neukonstruktion mit hohem Metallanteil.
- Feinste Leitungen, Armaturen und Griffstangen, größtenteils aus Metall.
- Hochdetaillierter Kessel mit Nietreihen, Zylindern und Kreuzkopfsteuerung.
- Führerstand mit bedruckten Armaturen, Holzfußboden und separater Beleuchtung.
- Tender als Wannentender mit filigranen Drehgestellen.
- Mehr als 50 zusätzliche Zurüstteile (z. B. Schneeräumer, Leitern), die für den Vitrinenbetrieb montiert werden können.
Kritikpunkte:
- Kunststoff-Laufbleche am Kessel mit leichten Wellen – ein bekannter „Märklin-Effekt“.
- Rückseiten der Lampen wenig detailliert.
- Führerstandsbedruckung ohne Instrumentenskalen, nur Weißdruck.
Technik & Funktionen
- Digitaldecoder mfx+ mit bis zu 19 schaltbaren Funktionen.
- Sound: Dampfschläge, Pfeife, Luftpumpe, Kohleschaufeln, Wasserfassen, Injektor u. v. m.
- Lichteffekte: Spitzenlicht, Notlicht, Führerstandsbeleuchtung, Feuerbüchsenflackern.
- Rauchgenerator ab Werk integriert (abschaltbar).
- Antrieb: 5-poliger Motor mit Schwungmasse, zwei Haftreifen.
- Fahreigenschaften: sehr ruhiger Lauf, sicher auch auf engen Radien (bis R1 = 360 mm).
- Positiv: problemloses Befahren von Weichen, selbst bei „falscher“ Durchfahrt.
Innenaufbau
- Vorbildlich aufgeräumte Elektronik mit Steckverbindungen.
- Decoder im Tender (21-polig), Lautsprecher darunter.
- Wartung leicht möglich (4 Schrauben, Kessel abnehmbar).
- Kein Platz für dynamischen Rauchausstoß – deshalb konventionelle Lösung.
Bewertung
Stärken:
- Hoher Metallanteil, extrem detaillierte Bauweise, auf Kleinserien-Niveau.
- Vorbildtreue durch Museumskooperation (E 991 in Dänemark).
- Sehr gute Fahreigenschaften, auch auf kleineren Radien.
- Umfangreiche Digitalfunktionen, Feuerflackern und Rauch serienmäßig.
Schwächen:
- Leichte Fertigungsunschärfen (Laufblech aus Kunststoff, schief eingesetzter Rauchgenerator).
- Führerstandsdetails im Vergleich zu internationalen Herstellern noch steigerbar.
- Kein dynamischer Rauchausstoß, keine Triebwerksbeleuchtung.
Sammlerperspektive
- Einmaliges Vorbild: stärkste DSB-Dampflok, Ikone der 1940er Jahre.
- Sondermodellcharakter: direkt an das Jubiläum 175 Jahre DSB gebunden.
- Seltenheit: Modell nur in dieser Form nutzbar (kaum Varianten möglich).
- Preisniveau: UVP 629 €, im Handel meist 570–600 €.
- Wertentwicklung: wahrscheinlich stabil bis steigend, da Nischenmodell für Dänemark-Sammler.
Fazit
Die Märklin 39491 Litra E 991 ist ein Sondermodell mit außergewöhnlicher Detaillierung und hoher technischer Ausstattung. Sie richtet sich nicht an den „Durchschnittsanlagenbauer“, sondern an Sammler, Liebhaber skandinavischer Eisenbahnen und Besitzer großzügiger Anlagen.
- Für den Betrieb: zuverlässige Technik, stimmiges Fahrverhalten, beeindruckende Optik.
- Für die Sammlung: eine „Pflichtlok“ für DSB-Fans, da es keine Alternativen gibt.
- Preislich: hoch angesetzt, aber nachvollziehbar, da Form nur für wenige Varianten nutzbar ist.
Kurzurteil: Ein Modell auf Kleinserienniveau, das Märklin in die Premiumklasse hebt – mit kleineren Abstrichen, aber insgesamt ein würdiges Jubiläumsmodell.
Quellenhinweis
- Video-Review von JohnsMoba (April 2022): „Märklin H0 Sondermodell – DSB Litra E 991“.
- Historische Daten: jernbanen.dk, Wikipedia (deutsch und englisch, Vauclain-Verbundbauart).
- Übertragung ins Deutsche Fachvokabular, ergänzt durch technische Einordnung für Modellbahnfreunde.